Am 03.07.2025 haben Politiker*innen von GRÜNE, CDU, SPD, LINKE, FDP, Volt und Klimafreunde & Gut Reden zum Fahrrad-Entscheid gehalten. Diese Rede sind hier im Wortlaut aufgeführt.
Lino Hammer, Grüne
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, liebe Kolleginnen, es kommt nicht oft vor, dass wir unter den Fünfer-Tagesordnungspunkten überhaupt Vorlagen haben. Aber heute ist so ein Tag und das ist zunächst ein gutes Zeichen. Denn es zeigt, in Köln gibt es eine aktive Bürger*innenschaft, die mischt sich ein, die mobilisiert, die geht auf die Straße und sammelt Unterschriften. Umso bedauerlicher ist es dann, dass die Verwaltung heute empfiehlt, das Bürgerbegehren Fahrrad-Entscheid Köln für unzulässig zu erklären. Die Begründung stützt sich insbesondere auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen. Die Begründung der Verwaltung ist, das Begehren sei zu unkonkret und verstoße gegen das sogenannte Kopplungsverbot. Und das wir in NRW eine der restriktivsten Regelungen für Bürgerbegehren haben, ist, glaube ich, unbestritten. Und hier, glaube ich, wäre auch dringend die Landesregierung aufgefordert, die Hürden zu senken für Bürgerbegehren und nicht zu erhöhen.
Wir als Grüne kommen dennoch zu einer anderen Bewertung. Wir hätten uns gewünscht, dass die Bürgerinnen und Bürger selbst über die Vorschläge des Radentscheides abstimmen können. Denn demokratisches Engagement verdient nicht nur Respekt, sondern auch politische Resonanz. Da wir uns aber in juristische Reibereien hier nicht begeben möchten, würden wir uns bei dieser Feststellung gleich gerne enthalten. Aber klar ist doch auch, 28.276 gültige Unterschriften. Das ist ein starkes Signal. Und es zeigt, das Thema Radwege ist in der Mitte der Stadtgesellschaft angekommen. Denn wer sich die Unterstützer mal genauer anschaut, sieht, es sind eben nicht nur die Aktivistinnen und Aktivisten, sondern es sind Einzelhändler*innen, es sind Familien, es sind Berufspendler*innen. Menschen, die wollen, dass man sich in Köln sicher und zügig mit dem Rad bewegen kann.
Die Forderungen des Bürgerbegehrens sind ja nicht völlig utopisch. Im Gegenteil, der Bau von 40 Kilometern breiten, baulich getrennten Radwegen und 30 Kilometern neuer Fahrradstraßen im Jahr greift doch auf das auf, was wir als Stadt schon beschlossen haben. Im Rahmen des grünen Netzes, im Rahmen des gelben Netzes, im Fahrradstraßenkonzept und im Mobilitätsplan. Und ja, wir sehen Fortschritte und anerkennen das. Die Zahl der Radfahrenden auf den Ringen hat letztens die der Autofahrenden überholt. Das ist kein Zufall, das ist das Ergebnis von kluger Infrastrukturpolitik. Und wenn die Infrastruktur da ist, dann wird sie auch genutzt. Die Nutzer*nnen folgen doch der Infrastruktur. Wer Radwege sät, erntet klimafreundliche Mobilität. Aber die über 28.000 gültigen Unterschriften zeigen doch auch, dass es vielen nicht schnell genug geht. Denn nach wie vor gibt es Stadtteile, in denen existieren kaum sichere Radwege. Und das Vertrauen in die Umsetzungsfähigkeit schwindet auch, wenn Planung und Bau sich jahrelang hinziehen.
Und deshalb bringen wir Grüne heute gemeinsam mit SPD, Volt, Linken und den Klimafreunden einen Ergänzungsantrag ein. Wir fordern die Verwaltung auf darzulegen, was es braucht, um den Zielen dieses Fahrradentscheides zu entsprechen, um die Ziele umsetzen zu können. Und zwar nicht nur die bloße vorgeschriebene Kostenschätzung, sondern wir brauchen eine politische Handlungsgrundlage. Wir wollen wissen, welche Strecken sind in Planung, welche Ressourcen fehlen, wo hakt es, wo brauchen wir mehr Stellen, wo bedarf es vielleicht auch einer anderen Prioritätensetzung. Und wenn wir das wissen, dann können wir auch weiter politisch handeln. Wir können Beschlüsse fassen, wir können Finanzmittel bereitstellen, wir müssten den Stellenplan vielleicht anpassen und vor allem dann auch Tempo machen. Und für uns ist klar, diese Verwaltungsvorlage darf heute kein Schlussstrich unter das Anliegen des Radentscheids sein. Sondern es sollte der Auftakt sein für noch mehr Investitionen in den Radverkehr. Und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt. Vielen Dank.
Teresa de Bellis-Olinger, CDU
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste hier im Saal, aber auch vor dem Bildschirm. Das Bürgerbegehren zum sogenannten Fahrrad-Entscheid ist formal gescheitert. Das gibt auch die Verwaltungsvorlage wieder. Wir als CDU-Fraktion erkennen ausdrücklich das zivilgesellschaftliche Engagement der Initiatoren und Initiatorinnen an, auch wenn wir die inhaltliche Ausrichtung des Begehrens nicht in allen Teilen teilen konnten. Denn viele der vorgeschlagenen Maßnahmen waren weder ausreichend durchdacht, noch realistisch umsetzbar. Sie hätten ohnehin die angespannte Lage in unserer Stadt bei Flächen, Finanzen und auch Verwaltungskapazitäten weiter verschärft. Dabei blieben zentrale Fragen unbeantwortet. Wie soll die Finanzierung gesichert werden? Wie gelingt die Umsetzung angesichts begrenzter Ressourcen? Und wie steht es um die Gerechtigkeit gegenüber anderen Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern? Dazu gehören auch Fußgänger.
Gleichzeitig ist für uns klar, die Mobilitätswende ist kein Nice-to-have. Sie ist ein ernstzunehmendes zentrales Anliegen städtischer Zukunftspolitik. Aber sie gelingt nicht mit ideologisch geprägten Maximalforderungen, nicht mit wohlfeilen Schlagworten oder kurzfristigen Wahlkampfversprechen. Und das, lieber Kollege Hammer, das ist der Ergänzungsantrag. Was soll die Prüfung ergeben? Wir haben viele Beschlüsse gefasst. Es ist noch viel zu tun. Ja, es geht nicht schnell genug. Aber der Inhalt eures Antrages gibt doch nur aus, wie viel Mittel benötigt die Verwaltung und wie viel Personal muss sie dafür benötigen. zur Verfügung stellen. Sie sagt aber nicht aus, welche Maßnahmen in welcher Reihenfolge denn erfolgen muss und wie setzen sich Maßnahmen, die schon auf den Weg gebracht sind, angedockt an den bereits bestehenden Beschlüssen. Das ist, tut mir leid, geht leider nicht hervor. Also, worauf es uns immer angekommen ist, ist ein strategisches Gesamtkonzept mit klaren Prioritäten, mit Transparenz, mit einem ehrlichen Blick auch auf das Machbare. In diesem Sinne folgen wir heute der Verwaltungsvorlage und wir lehnen euren Änderungsantrag ab. Der Antrag bindet unnötig Verwaltungskapazitäten, die an anderer Stelle dringend gebraucht werden, etwa bei der Umsetzung bereits beschlossener Maßnahmen mit hoher verkehrlicher und sicherheitsrelevanter Dringlichkeit. Wir haben es in der Debatte mehrfach betont. Nicht jede im Bürgerbegehren enthaltene Forderung ist realistisch. Und das Anliegen war in seiner Ausrichtung einseitig. Es adressierte die Bedürfnisse einer bestimmten Gruppe, nicht aber die komplexe Realität urbaner Mobilität, die alle Verkehrsteilnehmenden einbezieht.
Vor diesem Hintergrund begrüßen wir es ausdrücklich, dass das Verkehrsdezernat nun Transparenz schafft, indem es offenlegt, welche Umsetzungskapazitäten vorhanden sind und auch nach welchen Kriterien priorisiert wird. Denn es gibt eine Vielzahl an Vorhaben, von der Erhöhung der Verkehrssicherheit über die Verbesserung der ÖPNV-Anbindung wachsender Stadtteile bis zur Instandsetzung bestehender Infrastruktur, die heute bereits auf Umsetzung warten. Es ist daher nur folgerichtig, dass die demokratisch legitimierten Gremien dieses Rates über Prioritäten, Mittelzuweisung und Planung entscheiden, orientiert an der realen Leistungsfähigkeit unserer Stadt, den begrenzten Ressourcen und der tatsächlichen Dringlichkeit.
Dabei müssen wir auch die finanzielle Gesamtlage im Blick behalten. Köln steht vor enormen Herausforderungen, etwa beim Ausbau von Schulplätzen oder bei der Schaffung bezahlbaren Wohnraums. Auch dort ist das Verkehrsdezernat gefordert und steht in der Pflicht, seinen Beitrag zu leisten. Was wir jetzt brauchen, ist keine symbolische Politik, keine zusätzlichen Überschriften, aber auch keine Absichtserklärung mit unklarer Grundlage. Wir brauchen eine Verkehrspolitik, die Umsetzt statt Verspricht. Eine Politik, die verlässlich ist, statt laut. Eine Politik, die alle mitnimmt, nicht nur einzelne Gruppen. Eine Politik, die Machbarkeit über Wunschdenken stellt. Dafür stehen wir als CDU-Fraktion. Vielen Dank.
Lukas Lorenz, SPD
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, sehr geehrte Damen und Herren, erstmal möchte ich mich ganz herzlich bedanken für den Radentscheid und für die vielen Unterstützerinnen und Unterstützern, die so viele Unterschriften ermöglicht haben. Dann möchte ich erst mal feststellen, dass es mich irritiert, dass das Ganze gescheitert ist, weil es rechtlich möglicherweise nicht zulässig ist. Ich hoffe nicht, dass das irgendwann Gerichte prüfen müssen. Ich vertraue da voll und ganz der Aussagen der Verwaltung. Ich frage mich bloß, wenn man sich die Initiatoren des Radentscheids anhört, ist ja anscheinend auch Unterstützung aus der Verwaltung geliefert worden in der Fragenerstellung, in der Bereitstellung, wie was gemacht werden soll. Und da fragt man sich schon, wie es dazu kam, dass es eine Empfehlung gab, wie man die Fragen zu stellen hat und dann jetzt dazu kommt, dass die ganzen Fragen unzulässig sind.
Zweitens, als Radfahrer weiß ich selber, welch weite Strecken in Köln unausgebaut sind, in einem extrem schlechten Zustand sind und ausgebaut werden müssen. Das betrifft die ganze Stadt und in der ganzen Stadt haben wir massive Mängel. Aber gerade wenn man außerhalb des Militärrings unterwegs ist, merkt man sehr stark, wie schlecht die Radinfrastruktur ist, wie schlecht ausgebaut das Ganze ist und in welchem schäbigen Zustand dann dort auch die Radwege sind. Die SPD, das ist ja das Entscheidende, unterstützt deshalb die Forderung des Radentscheids und findet sie gut, weil es einen Maßstab gibt, ein Ziel gibt, in das wir hinarbeiten sollen und es ein Ziel gibt, wie wir den Radverkehr besser ausbauen und zwar in der ganzen Stadt. Und dafür kämpfen wir. Vielen Dank.
Michael Weisenstein, Linke
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, liebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst mal vielen Dank, dass die Initiative dieses Begehren gestartet hat, auch wenn wir heute bedauerlicherweise nachher wahrscheinlich mit Mehrheit feststellen werden, dass es rechtlich unzulässig ist. Das ist sehr bedauerlich. Aber die Diskussion hier und auch der Änderungsantrag, das ist gut, dass es den gibt. Denn die Diskussion hier und der Änderungsantrag zeigen, wie wichtig es ist, sich weiterhin intensiv mit dem Radverkehr auseinanderzusetzen und den auszubauen. Es ist doch logisch, dass dieses Bürgerbegehren mehr fordert als das, was wir realistisch umsetzen können. Aber wir müssen doch diese Dinge hernehmen und gucken, was ist realistisch und was kann in den nächsten Jahren davon tatsächlich umgesetzt werden. Weil, das müssen wir uns vor Augen führen, der Lino hat zwar gesagt, wir haben in den letzten Jahren viel erreicht. Aber wenn man sich die Rankings in Deutschland mal anschaut, haben wir, was den Radverkehr angeht, doch ein sehr bescheidenes Zeugnis, kriegen wir immer wieder ausgestellt von denen, die diese Umfragen bei den Radfahrern machen. Und es ist natürlich schon auch ein bisschen bedenklich und bedauerlich.
Und lieber Lino Hammer, das sollte Ansporn für die nächste Periode sein. Ihr seid jetzt, ich weiß gar nicht, von den letzten 20 Jahren gefühlte 17 Jahre hier am Hebel in der Stadt Köln. Vielleicht ist es sogar noch länger, ich habe es jetzt nicht nachgezählt, seit 25 Jahren. Und dafür ist natürlich viel zu wenig passiert. Selbstredend wissen wir, dass natürlich nicht ihr in der Frage Radverkehr der Bremser seid, sondern euer Koalitionspartner. Von daher hoffen wir…oder auch die SPD, da gebe ich ja recht, in den letzten Jahren wart ihr es und davor war es die SPD … Das ist ja alles … ach ja klar …im Radverkehr war doch natürlich auch Bremser, ist doch klar … Ach, natürlich ist es wahr …Wenn ihr doch jahrelang der Regierung wart, dann müsst ihr doch hier eine bessere Radverkehrsgeschichte auf den Weg gestellt haben, als das, was wir heute vorfinden. Wir haben doch teilweise richtig gefährliche Situationen. Du hast es doch vorhin selbst gesagt, Lukas. Und das ist doch das eigentliche Problem, dass es so schlecht ist, dass die Leute Angst haben, mit dem Fahrrad zu fahren, gerade wenn sie aus der Innenstadt raus sind und deswegen das Auto fahren. Und das muss sich ändern. Und deswegen muss es am 14. September auch andere Mehrheitsverhältnisse geben, damit die Progressiven in der Mehrheit sind und deswegen eine bessere Fahrradpolitik machen können. Herzlichen Dank.
Ralph Sterck, FDP
Schön, hier euch hier vorne zuzuhören, wie ihr das bündnisintern diskutiert, werte Frau Oberbürgermeisterin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren. Ich kann eigentlich wunderbar anschließen bei dem, was Michael Weisenstein gerade gesagt hat, auch wenn ich einige andere Akzente setzen würde. Also erst einmal muss man ja sagen, dass hier die Forderungen, die dort gestellt worden sind, in diesem Bürgerbegehren ja doch schon sehr nassforsch sind. Und mit am Ende dieses Ergebnisses im Grunde sowohl für den Radverkehr, als auch für das Thema Bürgerbeteiligung die ganze Initiative ein Bärendienst erwiesen hat, aus meiner Sicht. Und dann wundere ich mich, wenn du jetzt sagst, Michael Weisenstein, die sind doch noch beraten worden.
Und jetzt muss ich sagen, die rechtlichen Fragen sind das eine, aber was eine Stadtverwaltung leisten kann, das ist ja das andere. Und da kommen wir zu. Ich glaube, dass es falsch ist, Bürgerinnen und Bürgern das vorzumachen, die Stadt könne das entsprechend leisten. Von daher sind diese 28.000 Kölnerinnen und Kölner wirklich von denen, die das so beraten haben, wie Michael Weisenstein das gesagt hat, auf den Leim geführt worden. Und das ist das, was mich betroffen macht. Das schafft Politik und Staatsverdrossenheit bei denen, die da unterschrieben haben und die jetzt im Grunde vor diesem Scherbenhaufen entsprechend stehen. Und da bin ich auch bei Michael Weisenstein. Die Kollegin Ruffen hat die Zahl ja reingerufen. Also die Grünen sind in den letzten Perioden hier 25 Jahre lang Teil der Mehrheit mit einem Jahr Unterbrechung, wo es mal eine große Koalition gegeben hat und stellen die letzten fünf Jahre sogar den Mehrheitsführer. den Vorsitzenden des Verkehrsausschusses, der Verkehrsdezernent ist auf ihren Vorschlag gewählt worden. Und wenn man jetzt dann die Kölnerinnen und Kölner fragt, was haben die eigentlich bewegt? Das Einzige, was denen wahrscheinlich einfallen würde, ist, die haben Fahrradwege gemalt oder sowas. Das ist das Einzige, wo man den Eindruck hat, hier hat in den letzten fünf Jahren was stattgefunden. Und von daher ist das… Da guckst du, da guckst du, Kollegin. Von daher ist das eine Ohrfeige für eure Politik, dass sich 28.000 Leute unterschreiben und sagen, sie wollen endlich mal was hier fürs Thema Fahrrad haben. Und leider, und leider wird das, wird diese, diese… auf den Leim führen, das wird durch diesen Änderungsantrag im Grunde auch noch fortgesetzt und noch verschlimmert, weil ihr den Leuten vorgaukelt, diese Luftschlösser, die wären realistisch.
40 Kilometer Radweg pro Jahr. Das ist fünfmal der Radweg von Köln nach Frechen. Fünfmal, wo wir 13 Jahre für gebraucht haben und wir haben ihn immer noch nicht. Wo wir 40 Millionen Euro für ausgeben und haben ihn immer noch nicht. Ja, da sind die Antworten, da hast du recht, die sind besonders hoch. Ich will ja nur mal die Strecke zeigen. Fünf Mal Köln Frechen, was wir in 13 Jahren nicht geschafft haben, soll jetzt pro Jahr gemacht werden. Oder das Thema Fahrradstraßen. 30 Kilometer, das ist viermal die Wälle. Also die Wälle haben wir ja einigermaßen zur Fahrradstraße gemacht, jetzt hier durch die Mehrheit, durch diese Mehrheit, die wir jetzt haben. Und das soll jetzt, was über Jahre gemacht worden ist, soll jetzt das Vierfache pro Jahr geschafft werden. Und dann steht auf diesem Unterschriftenblatt draus, dass ja ausgerechnet worden ist, das soll 254 Millionen Euro kosten, dieses Programm, für fünf Jahre. Ja, Frau Kämmerin, wo nehmen wir das denn her, liebe Ratsmehrheit? Und ihr kommt jetzt an und sagt, bitte prüft, liebe Verwaltung. Ich weiß das, Theresa, du hast ja auch das Richtige gesagt. Ihr sagt jetzt in dem Änderungsantrag, liebe Verwaltung, stellt uns doch mal vor, wie wir 40 Kilometer pro Jahr an Radwegen, wie wir über 30 Kilometer Fahrradstraßen pro Jahr bauen, wo wir 254 Millionen Euro herbekommen. Ihr schafft es jetzt vielleicht, mit diesem Änderungsantrag über die Wahl zu kommen. Aber im Grunde werden die Leute, 28.000 Leute werden doch verarscht. Das ist doch keine ehrliche Politik, die ihr macht. Das ist vollkommen unmöglich. Und man müsste es den Leuten ehrlich sagen, es ist unmöglich, was ihr fordert. Und da muss man sich hinsetzen und dann im Moment jetzt mit der Kämmerin sagen, was ist denn zu schaffen pro Jahr? Das ist doch entsprechend zu machen. Ja, aber das haben wir doch in tausenden Beschlüssen schon gefasst. Da brauche ich doch keinen extra Beschluss dafür, extra vor der Wahl, um die Leute hier an der Nase rumzuführen. Also von daher, ich kann gerne wenn… Eine Zwischenfrage. Da bin ich jetzt mal sehr gespannt.
Zwischenfrage:
Ja, danke. Bei der Rede war ich jetzt nicht sehr gespannt. Da ist eins zu eins FDP-Sprech rausgekommen. Die Frage ist, was kostet die von euch mitbeschlossene Ost-West-Achse in den letzten Jahren?
Antwort
Ja, das habe ich gesagt, da habe ich gar kein Problem mit. Das wird viel Geld kosten, das habe ich hier im Rat gesagt. Und zwar ganz ehrlich. Und wir werden mit der einen Milliarde vielleicht nicht auskommen. Und wenn es am Ende zwei Milliarden oder drei Milliarden kostet, das kann passieren. Dafür kriegen wir Bundeszuschüsse. Und da haben wir für Generationen ein super Angebot im ÖPNV. Da stehe ich zu, zu dieser Aussage. Aber anstatt den 28.000 Leuten zu sagen, Freunde, so geht es leider nicht, es ging rechtlich nicht, es geht fachlich nicht, es geht finanziell nicht, wir kriegen das nicht hin, wird hier mit diesem Änderungsantrag, rettet ihr euch über die Wahl und am Ende kommt das böse Erwachen. Das schafft Politikverdrossenheit und das finde ich nicht gut, dass ihr das betreibt. Herzlichen Dank.
Jennifer Glashagen, Volt
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, liebe Zuschauer*innen im Saal und vor dem Stream. Ich stehe heute hier aus dem wunderschönen Grund, weil sich Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt engagiert haben. Im Rahmen des Fahrrad-Entscheid haben engagierte Menschen unglaubliche 33.000 Unterschriften gesammelt. Das ist ein Applaus wert, genau, für ein besseres Radverkehrsnetz hier in Köln. Deswegen herzlichen Dank an die Initiator*innen. Ich sehe auch viele auf der Tribüne. Und auch an alle Menschen, die sich damit beschäftigt haben. Egal, ob sie unterschrieben haben oder nicht. Natürlich freuen sich besonders die Initiator*innen für jede einzelne Unterschrift. Aber alleine, dass sich die Menschen damit beschäftigen und dass dieses Thema auf die Straße gebracht ist, finde ich großartig. Und die Initiator*innen dieser Petition haben klare Forderungen, haben wir gerade eben schon mehrfach gehört, in Wutreden, in zufriedenen Reden, in alles Mögliche, 40 Kilometer neue Radwege, 30 Kilometer Fahrradstraßen jedes Jahr. Dazu Transparenz bei der Umsetzung. Und ich sage es ganz deutlich. Dieses starke gesellschaftliche Engagement, dieser offensichtliche Wille vieler tausender Kölner*nnen verdient nicht nur all unser Respekt, sondern auch unsere volle inhaltliche Unterstützung.
Im Übrigen lagen die Unterschriftsformulare in über 100 lokalen Geschäften aus. Das hat mich sehr beeindruckt, denn Radwege und Unternehmen verstehen sich offenbar doch. Das möchte ich besonders betonen und herausfinden. Bürgerentscheide generell sind ein starkes Instrument unserer Demokratie. Sie geben den Menschen die Möglichkeit, über wichtige Fragen direkt mitzuentscheiden und in ihrer Stadt aktiv mitzugestalten. Dadurch wird nicht nur die politische Teilhabe gestärkt, sondern auch ganz besonders das Vertrauen in die Politik und ganz besonders in die Demokratie. Meiner Auffassung nach ist dieser Beitrag ein extrem wertvoller Beitrag, mindestens so wie ein Ratsbeschluss.
Wir von Volt hätten uns auch einen Ratsbürgerentscheid oder eine Einwohner*innenbefragung vorstellen können. Beides wäre eine angemessene Reaktion aus unserer Sicht auf die festgestellte Unzulässigkeit gewesen. Leider gibt es dafür keine Mehrheit. Deswegen haben wir abgesehen, so einen Antrag in den Rat einzugehen. Wenn Bürger*innen ihre Stimme in solch klarer Form erheben, dann dürfen wir es nicht aus formalen Gründen unbeachtet lassen. Die formalen Bedenken der Stadtverwaltung sind nicht von der Hand zu weisen.
Das inhaltliche Ziel des Fahrrad-Entscheids teilen wir aber. Wir haben bereits im Frühjahr letzten Jahres hier beschlossen, den Ausbau der Radinfrastruktur zu beschleunigen. Und zwar deutlich zu beschleunigen. Denn wir fehlen bislang unsere Ziele diesbezüglich der Radkilometer. Das sage ich auch ganz selbstkritisch. Schlankere Prozesse und die Bündelungen von Planungen und Beschlüssen wie in Düsseldorf würden und werden den Ausbau beschleunigen. Und deshalb ist es wichtig, dass dem Änderungsantrag zugestimmt wird, denn das schafft Transparenz. Und nur weil wir immer glauben, es besser zu wissen und deshalb sagen, deshalb müssen wir das alles nicht machen, ist keine Transparenz hergestellt und wir schaffen so auch keine Fakten. Deswegen herzlichen Dank.
Karina Syndicus, Klimafreunde & Gut
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, liebe Kolleginnen und Kollegen, hallo Menschen des Fahrrad-Entscheids. Vielen Dank an all die Menschen, die den Fahrrad-Entscheid bis hierhin gebracht haben. Die Menschen, die in unterschrieben haben, all die Leute, die mit Unterschriftenbrettchen dastanden, all die Leute, die es ausgelegt haben. Und danke nochmal für den Hinweis, Frau Glashagen, denn ich musste auch ein bisschen schmunzeln, wo doch alle Läden immer so für das Auto und gegen das Fahrrad seien. Offenbar gibt es ja nicht nur schwarz-weiß, sondern eben auch ganz viel Grauzone. Hier konnten die Bürger und Bürgerinnen deutlich machen, wie wichtig ihnen Radverkehr ist. Es ist auch ein deutliches Zeichen, es geht so langsam voran in Köln. Und jetzt haben wir auch ein deutliches Zeichen, dass hier was schiefgegangen ist.
Nämlich mit der rechtlichen Einschätzung, ist es jetzt okay oder ist es nicht okay. Wie zermürbend, wenn man dann kurz vor dem Ziel hier vor einer Abstimmung steht, bei der man wohl anerkennen muss, dass es unzulässig ist. Der gemeinsame Änderungsantrag ist mir persönlich schon ein bisschen unangenehm, weil er eigentlich total verwässert ist und eigentlich eher auch wie eine Anfrage daherkommt. Aber wir haben lange gerungen, denn wir als Politik müssen entgegen euch einen Deckungsvorschlag einbringen und der ist einfach nicht da. Deswegen ist dieser Ersetzungsantrag auch ein Strohhalm, an dem wir den Entscheid über Wasser halten wollen und dringend auffordern, Möglichkeiten darzulegen. Nicht, ob wir euren Anliegen entsprechen können, sondern wie. Nicht ob, sondern wie. Ich erwarte hier eine gescheite, lösungsorientierte Stellungnahme, Mitteilung, Vorlage, Whatever, die zeigt, wie erhalten wir gut ausgebaute und weitere Radwege.
Ich möchte aber auch Herrn Sterck recht geben, nur in einem Punkt. Das, was jetzt hier passiert, fördert Politikverdrossenheit. Und genau deswegen ist dieser Ersetzungsantrag so wichtig. Er zeigt, wir finden eine Lösung, wie wir den Entscheid weiterhin behandeln. Und wir lassen darstellen, wie es umgesetzt werden kann. Aber jetzt auch der Punkt, wo ich nicht recht gebe. Dieser Angriff gegen die Grünen, die seien seit knapp 20 Jahren hier im Steuer und es sei nichts passiert. Es wäre doch auch mit dem Entscheid, wäre er rechtlich einwandfrei etc. nicht in zwei Jahren 40 Kilometer Radweg am Start. Also sorry, wenn ich da enttäuschen muss, aber ich nehme an, das ist auch euch klar, dass das nicht so schnell einfach so passiert. Aber ganz klar zeigt sich eben auch, Menschen wollen Radwege, Menschen brauchen Radwege und Menschen haben Lust, sich an direkten demokratischen Prozessen zu beteiligen und diese eben auch ins Leben zu rufen. Lasst uns das jetzt also bitte nicht vor die Wand fahren und stimmen wir diesem Änderungsantrag oder Ersetzungsantrag zu. Danke.